Das Leben und die Liebe – das bedeutet, anderem als sich selbst verbunden zu sein, und so findet man sich selbst.

Das Leben ist keine Reise, sondern ein Für-ein-paar-Augenblicke-Stillstehen und die Erkenntnis, dass dieses Sein gemäß allen Berechnungen und aller Logik nicht möglich ist. Nur schwache Seelen jagen der Liebe nach und Menschen, die ihre Wurzeln verloren haben wie Treibholz. Menschen suchen die Liebe, denn irgendein inneres Chaos entfremdet sie der Liebe, die doch ganz natürlich in allem Leben liegt. Das Wellblech ist von den Schafställen geweht worden, aber niemandem fällt das auf als den Schafen. Alle Lebewesen, die zu existieren versuchen, sind Lebewesen der Liebe. Die anderen aber, die sich selbst oder den anderen verwehren, zu sein, die haben die Liebe verloren und suchen sie in den dunkelsten Winkeln der Welt.

Ich habe seit Langem die Natur hier draußen an der Küste beobachtet. Ich finde sogar, dass ich etwas von ihr verstehe. Aber das Denken und Verhalten der Menschen ist mir unergründlich. Ich bin zum Beispiel sicher, dass die Küstenseeschwalben, die hier auf dem nackten Stein brüten, wissen, dass sie an das Leben um sich herum gebunden sind, gebunden an die Sonnenstrahlen, die die Pflanzen im Meer zum Leben erwecken, gebunden an die Sandaale, die im seichten Wasser gedeihen, sodass die Jungen Futter bekommen und der Kreislauf des Lebens sich fortsetzt. Das Leben und die Liebe – das bedeutet, anderem als sich selbst verbunden zu sein, und so findet man sich selbst. Aber die Menschen wollen frei sein und unabhängig leben, nicht gebunden sein an etwas anderes als den eigenen Willen. Und es wird heutzutage so viel in den Läden gekauft, dass man glauben möchte, Gott sei gestorben. Und dann bleiben die Menschen auf sich selbst sitzen und sagen, dass Freiheit bedeute, die Welt zu regieren. Dann werden dicke Bücher geschrieben und endlose Debatten darüber geführt, warum es den Menschen immer häufiger wie vergessenen, verrosteten Containern am Hafenkai geht. Die Menschen haben sich losgerissen von anderen, um sich selbst zu finden. Der Grashalm auf der Hauswiese – hat er so etwas schon gehört? Ein Funkgerät auf falscher Wellenlänge und alles Gerede ist umsonst. Wer sich nicht bindet, lebt nicht.

Bergsveinn Birgisson – DIE LANDSCHAFT HAT IMMER RECHT
LieblingsbuchTanja